Jörg Schroth Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus in der Nelson- und Kant-Interpretation

Jörg Schroth
Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus in der Nelson- und Kant-Interpretation,
Philosophiegeschichte und logische Analyse, hrsg. von Uwe Meixner und Albert Newen, Band 6: Geschichte der Ethik, Paderborn: mentis 2003, S. 123–50.

Einleitung
Zwei Arten der moralischen Beurteilung von Handlungen
Moralisch richtige und moralisch falsche Handlungen
Moralisch gute und moralisch schlechte Handlungen
Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus
Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus in der Nelson-Interpretation
    Nelsons Erörterung des Begriffs des Sittlich-Guten
    Nelsons Erörterung des Begriffs der Pflicht
Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus in der Kant-Interpretation
Kants Gesinnungsethik?
Anmerkungen
Literaturverzeichnis

Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus in der Nelson- und Kant-Interpretation1

Einleitung

Ist eine moralisch gute Handlung das gleiche wie eine moralisch richtige? Ist jede moralisch schlechte Handlung auch eine moralisch falsche Handlung? So häufig diese Begriffe in der ethischen Literatur auch auftauchen, so unklar ist doch ihre Bedeutung und so uneinheitlich ihre Verwendungsweise. Manche Mißerständnisse und Fehler in der ethischen Argumentation lassen sich auf eine unklare und inkohärente Verwendung dieser Begriffe zurückführen. Insbesondere wenn es um die Unterschiede zwischen konsequentialistischen und nonkonsequentialistischen ethischen Theorien geht, wird man von diesen Begriffen leicht in die Irre geführt. Anscheinend offenkundige Gegensätze zwischen beiden Theorien entpuppen sich dann bei genauerer Betrachtung als bloße Folge begrifflicher Konfusionen. Besonders betroffen hiervon sind Interpretationen von Kants Schriften. Aus Kants Äußerungen zum guten Willen, zu moralisch guten Handlungen und zum moralischen Wert von Handlungen schließen viele Interpreten, daß er eine mit dem Konsequentialismus unvereinbare ethische Theorie vertritt. Exemplarisch an zwei Kant-Interpreten möchte ich zeigen, daß dieser Schluß voreilig ist und nicht durch Kants Schriften gestützt wird. Der Grund für diesen Fehlschluß liegt in der Mißachtung des Unterschieds zwischen moralisch guten und richtigen Handlungen. Meine Argumentation verläuft in drei Schritten:
Zunächst führe ich die nötigen begrifflichen Unterscheidungen ein und untersuche anschließend, ob man aus der Behauptung, daß sich unabhängig von den Konsequenzen einer Handlung entscheiden läßt, ob sie moralisch gut ist, auf einen Nonkonsequentialismus schließen kann.
Diese Überlegungen werden in einem zweiten Schritt auf einige Argumente aus Leonard Nelsons Kritik der praktischen Vernunft angewandt. Nelson lehnt sich einerseits sehr eng an Kants Grundlegung an, faßt aber andererseits einige Unterscheidungen wesentlich klarer als Kant (und die zeitgenössische Ethik). An seinen Argumenten läßt sich daher besser als an Kants eigenen Texten illustrieren, wie leicht man verleitet wird, aus bestimmten Sätzen auf einen Nonkonsequentialismus zu schließen, und warum es dennoch falsch ist, so zu schließen.
Nach der Diskussion Nelsons ergibt sich der Nachweis des Fehlschlusses in der Interpretation Kants fast von selbst und ohne großen interpretatorischen Aufwand.
Abschließend zeige ich daß eine Gesinnungsethik – als deren paradigmatischer Vertreter Kant gilt – nur in einem eher trivialen Sinn möglich ist, in dem nicht nur Kant, sondern auch Konsequentialisten Gesinnungsethiker sind. In einem weniger trivialen Sinn, in dem sich Gesinnungsethik vom Konsequentialismus unterscheiden ließe, kann es dagegen keine Gesinnungsethik geben. Das Ziel dieses Aufsatzes ist gleichzeitig historisch und systematisch. Es soll zum einen der Fehler in einer verbreiteten Interpretation Kants aufgewiesen und zum anderen gezeigt werden, daß ein häufig angenommener Gegensatz zwischen Konsequentialismus und Nonkonsequentialismus tatsächlich nicht besteht.

Zwei Arten der moralischen Beurteilung von Handlungen

Handlungen lassen sich in (mindestens) zweierlei Hinsicht moralisch beurteilen:
(1) Man kann sie hinsichtlich des Motivs bzw. der Gesinnung der handelnden Person beurteilen. Hierunter fällt u. a. die Frage, ob eine Handlung aus, ohne oder entgegen dem Pflichtbewußtsein ausgeführt worden ist.
(2) Man kann Handlungen hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Pflicht bzw. dem Kriterium der Richtigkeit von Handlungen beurteilen, d. h. (in den meisten ethischen Theorien) hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit moralischen Regeln oder Prinzipien.2 Diese Art der Beurteilung betrifft die Pflichtgemäßheit von Handlungen und unterteilt Handlungen in verbotene, erlaubte und gebotene Handlungen.3
Mit Nelson4 bezeichne ich die erste Art der moralischen Beurteilung als moralische Wertung und die zweite Art als rechtliche Wertung.5

Moralisch richtige und moralisch falsche Handlungen

Auf die rechtliche Wertung, die danach fragt, ob eine Handlung verboten, erlaubt oder geboten ist, bezieht man sich, wenn man von moralisch richtigen und falschen Handlungen spricht. Einigkeit herrscht darüber, daß eine Handlung genau dann moralisch falsch ist, wenn sie verboten ist. Die Verwendungsweise von „moralisch richtig„ dagegen schwankt zwischen den Bedeutungen (i) geboten, (ii) erlaubt, oder (iii) erlaubt oder geboten. Ich werde in diesem Aufsatz unter einer moralisch richtigen Handlung eine erlaubte oder gebotene Handlung verstehen.6 Eine Handlung ist also moralisch richtig genau dann, wenn sie nicht moralisch verboten ist, d. h., wenn sie erlaubt oder geboten ist. Eine Handlung ist moralisch falsch genau dann, wenn sie moralisch verboten ist. Ob eine Handlung moralisch geboten, verboten oder erlaubt ist, bestimmt sich danach, ob sie mit dem Inhalt der Pflicht bzw. mit dem Moralkriterium übereinstimmt oder nicht: Eine Handlung ist verboten, wenn sie mit dem Moralkriterium nicht vereinbar ist. Eine Handlung ist erlaubt, wenn sie mit dem Moralkriterium vereinbar ist. Eine Handlung ist geboten, wenn ihre Unterlassung nicht mit dem Moralkriterium vereinbar ist. Die rein formale Definition der moralischen Richtigkeit und Falschheit muß somit inhaltlich gefüllt werden durch ein Moralkriterium, das festlegt, welche Handlungen moralisch geboten, verboten oder erlaubt sind.

Man kann die soeben getroffenen Unterscheidungen auch mit Hilfe des Begriffs der Pflichtgemäßheit ausdrücken. Die sprachliche Intuition ist hier allerdings nicht ganz eindeutig und man könnte unter einer pflichtgemäßen Handlung eine gebotene oder erlaubte Handlung verstehen oder nur eine gebotene Handlung. Ich entscheide mich hier für die erste Alternative, da dann „pflichtgemäß“ und „nicht pflichtgemäß“ bzw. „pflichtwidrig“ parallel zu „moralisch richtig“ und „moralisch falsch“ verwendet werden kann: Pflichtgemäße Handlungen sind moralisch richtig und nicht pflichtgemäße (bzw. pflichtwidrige) Handlungen sind moralisch falsch. (Eine Handlung ist nicht pflichtgemäß bzw. pflichtwidrig (also verboten), wenn sie mit dem Moralkriterium nicht vereinbar ist. Eine Handlung ist pflichtgemäß (also erlaubt oder geboten) wenn (a) sie mit dem Moralkriterium vereinbar ist oder (b) ihre Unterlassung nicht mit dem Moralkriterium vereinbar ist.)

Ethische Theorien beziehen sich in erster Linie auf die zweite Art der moralischen Beurteilung von Handlungen, da es deren traditionelle Aufgabe ist, Kriterien für die Richtigkeit von Handlungen zu formulieren und zu begründen.

Moralisch gute und moralisch schlechte Handlungen

Während die rechtliche Wertung danach fragt, ob eine Handlung mit der Pflicht (d. h. dem Moralkriterium) übereinstimmt, fragt die moralische Wertung danach, ob eine Handlung mit dem Pflichtbewußtsein übereinstimmt. Hier sind folgende Fälle denkbar:7
(a) Man kann eine Handlung ausführen, weil man sie für seine Pflicht hält.
(b) Man kann eine Handlung ausführen, obwohl man sie für pflichtwidrig (verboten) hält.
(c) Man kann eine Handlung aus Neigung (und nicht aus Pflichtbewußtsein) ausführen, wobei es sein kann, (i) daß man die Handlung auch für seine Pflicht hält oder, (ii) daß man sich keine Gedanken darüber macht, ob die Handlung Pflicht ist oder nicht.

Diese Fälle lassen sich mit der rechtlichen Wertung zu folgenden Kombinationen verbinden:
(a1) Man kann eine richtige Handlung ausführen, weil man sie für seine Pflicht hält.
(a2) Man kann eine falsche Handlung ausführen, weil man sie für seine Pflicht hält.
(b1) Man kann eine richtige Handlung ausführen, obwohl man sie für pflichtwidrig hält.
(b2) Man kann eine falsche Handlung ausführen, obwohl man sie für pflichtwidrig hält.
(c1) Man kann eine richtige Handlung aus Neigung ausführen, wobei es sein kann, (i) daß man die Handlung auch für seine Pflicht hält oder, (ii) daß man sich keine Gedanken darüber macht, ob die Handlung Pflicht ist oder nicht.
(c2) Man kann eine falsche Handlung, aus Neigung ausführen (...).
In den Fällen (a2), (b1), (c2-i) befindet sich die handelnde Person im Irrtum darüber, welche Handlung richtig ist.

Die beiden Wertungen beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte einer Handlung und sind – wie die sechs Kombinationen zeigen – in dem Sinn voneinander unabhängig, daß jede Wertung der einen Art mit jeder Wertung der anderen Art vereinbar ist: Wenn man eine Handlung hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit dem Pflichtbewußtsein beurteilt, folgt daraus nichts hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit dem Moralkriterium. Umgekehrt folgt aus der Übereinstimmung einer Handlung mit dem Moralkriterium nichts hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit dem Pflichtbewußtsein.8

Für die moralische Wertung verwendet man gewöhnlich nicht die Begriffe „moralisch richtig“ und „moralisch falsch“. Leider ist diese negative Feststellung so ziemlich das einzige, worüber hinsichtlich der Terminologie weitgehende Einigkeit herrscht. Darüber hinaus läßt sich nur noch mit Sicherheit sagen, daß man stattdessen von moralischen und unmoralischen, moralisch guten und moralisch schlechten bzw. einfach von guten und schlechten Handlungen spricht. Was jedoch mit diesen Begriffen genau gemeint ist, ist unklar. Es muß daher zunächst ermittelt werden, was mit ihnen gemeint sein könnte und welche dieser Bedeutungen am plausibelsten ist. Die Plausibilität einer Definition bemißt sich an ihrer Übereinstimmung mit unserem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie an ihrer Zweckmäßigkeit für die ethische Argumentation. Möglicherweise gibt es keine Definition, die beiden Kriterien gleichermaßen gerecht wird, so daß man einem Kriterium den Vorzug geben muß.

Ich schlage folgende Definition der Begriffe „moralisch gut“ und „moralisch schlecht“ vor:
(MG1) Eine Handlung ist moralisch gut genau dann, wenn man sie ausführt, weil man sie für seine Pflicht hält, d. h. genau dann, wenn sie eine Handlung aus Pflicht(bewußtsein) ist.9
(MS1) Eine Handlung ist moralisch schlecht genau dann, wenn man sie ausführt, obwohl man sie für pflichtwidrig hält.10

Der Vorzug dieser Definition liegt darin, daß sie eine saubere ethische Argumentation ermöglicht, da sie die strikte Trennung der moralischen und rechtlichen Wertung erlaubt und deren gegenseitiger Unabhängigkeit gerecht wird: Die Beurteilung einer Handlung als moralisch gut oder schlecht bezieht sich ausschließlich auf die Übereinstimmung der Handlung mit dem Pflichtbewußtsein. Die Beurteilung einer Handlung als moralisch richtig oder falsch bezieht sich ausschließlich auf ihre Übereinstimmung mit einem Moralkriterium.

Wendet man die Definition von „moralisch gut“ auf die oben aufgelisteten Fälle an, handelt es sich bei (a1) und (a2) um moralisch gute Handlungen und bei (b1) und (b2) um moralisch schlechte Handlungen.11 Hervorzuheben sind davon die Möglichkeiten (b1) und (a2):
– Eine richtige Handlung kann moralisch schlecht sein (wenn man sie ausführt obwohl man sie für pflichtwidrig hält).
– Eine falsche Handlung kann moralisch gut sein (wenn man sie ausführt, weil man sie (irrtümlicherweise) für seine Pflicht hält).
Nicht alle sind bereit, diesen Sprachgebrauch mitzumachen. Insbesondere die Rede von einer moralisch guten, aber falschen Handlung erregt häufig Anstoß.12 Will man diese Möglichkeit ausschließen, muß „moralisch gut“ wie folgt definiert werden:

(MG2) Eine Handlung ist moralisch gut genau dann, wenn sie richtig ist und man sie ausführt, weil man sie für seine Pflicht hält, d. h. genau dann, wenn sie eine richtige Handlung aus Pflicht(bewußtsein) ist.

Die entsprechende Definition von „moralisch schlecht“ wäre:

(MS2) Eine Handlung ist moralisch schlecht genau dann, wenn sie falsch ist oder wenn man sie ausführt, obwohl (oder weil) man sie für pflichtwidrig hält.

Manche halten (MG2) für besser mit unserer sprachlichen Intuition vereinbar als die von mir vorgeschlagene Definition (MG1). Sie hat allerdings den Nachteil, daß sie die moralische und rechtliche Wertung miteinander vermengt. Letztlich liegt aber nicht viel daran, für welche Definition man sich entscheidet. Wichtiger ist es, die den verschiedenen Definitionen zugrundeliegenden Sachverhalte auseinanderzuhalten und sich darüber im Klaren zu sein, welchen Sachverhalt man meint, wenn man eine Handlung als moralisch gut bezeichnet. Worauf es ankommt ist, „moralisch gut“ stets nur in einer der beiden Bedeutungen zu verwenden.

Obwohl man, wie ich oben schrieb, gewöhnlich für die moralische Wertung nicht den Begriff „moralisch richtig“ verwendet, sondern „moralisch gut“, wird andererseits „moralisch gut“ manchmal bei beiden Wertungen verwendet, so daß noch eine dritte Definition erwähnt werden muß:

(MG3) Eine Handlung ist moralisch gut genau dann, wenn sie richtig ist.
(MS3) Eine Handlung ist moralisch schlecht genau dann, wenn sie falsch ist.

Da „moralisch gut“ leider in allen drei Bedeutungen verwendet wird, ist es wichtig, darauf zu achten, welcher der folgenden Sachverhalte gemeint ist, wenn von einer moralisch guten Handlung gesprochen wird:
– eine Handlung aus Pflichtbewußtsein (unabhängig davon, ob sie richtig oder falsch ist) (MG1),
– eine richtige Handlung aus Pflichtbewußtsein (MG2),
– eine richtige Handlung (unabhängig davon, ob sie aus Pflichtbewußtsein ausgeführt worden ist oder nicht) (MG3).
Insbesondere muß darauf geachtet werden, ob in einem Text der Begriff „moralisch gute Handlung“ immer nur in einer dieser Bedeutungen verwendet wird oder ob er einmal in dieser und einmal in jener Bedeutung verwendet wird und damit unzulässige Schlußfolgerungen gezogen werden.13 Als Beispiel für eine solcherart unzulässige Schlußfolgerung möge folgendes Zitat dienen:

A consequentialist ethics assesses outcomes and not motives. All the evaluations are about publicly observable events and are after-the-fact; they need not appeal to anything ‘private’ or subjective. Their supposed objectivity is thought to render them more secure. Many people share the intuition that what an agent intends to do must be relevant to our assessment of her as a moral agent and even to the moral value of her actions. If good moral agents are those who do good things, then one might think that the good things have to be intended as such, that is, that the agent must intend to perform the good actions because she sees them as good ones to perform. Consequentialist ethics cannot accommodate this intuition: the agent performing the best action might never have intended the action, might never have recognized it as a good action, or might not have understood why it is good. Consequentialist ethics cannot support the very strong intuition that good agents cannot fail on these three counts. (McKinnon 1999, S. 97)

Dieser Einwand gegen den Konsequentialismus ist unberechtigt und kann nur erhoben werden, wenn man nicht zwischen moralisch guten und moralisch richtigen Handlungen unterscheidet bzw. „moralisch gute Handlung“ in verschiedenen Bedeutungen gebraucht. Die guten Handlungen, von denen McKinnon in der zweiten Hälfte des Zitats spricht, sind gute Handlungen im Sinn von MG3 bzw., besser, richtige Handlungen. Was McKinnon im vorletzten Satz über diese Handlungen schreibt, ist richtig, besagt aber nur, daß es pflichtgemäße Handlungen gibt, die nicht aus Pflichtbewußtsein ausgeführt worden sind. Diese Banalität trifft ebenso auf Kants Ethik zu und ist kein Einwand gegen den Konsequentialismus, da sie nicht unvereinbar mit McKinnons Intuition ist, daß es für den moralischen Wert einer Handlung auf die Absicht der handelnden Person ankommt. Zu Beginn des Zitats spricht McKinnon von der moralischen Wertung, in der es um die Absicht bzw. Gesinnung der Personen geht, in der zweiten Hälfte spricht sie von der rechtlichen Wertung, in der es um gebotene, verbotene und erlaubte Handlungen geht. Da beide Wertungen sich auf unterschiedliche Dinge beziehen und daher voneinander unabhängig sind, kann ihr Einwand, der Konsequentialismus könne der moralischen Wertung nicht gerecht werden, nicht zutreffen. Am Beispiel McKinnons sieht man, welche Konfusion sich in der ethischen Argumentation aus der Mißachtung der Unterscheidung zwischen guten und richtigen Handlungen ergeben kann. Eine weitere Konfusion, welcher derselbe Fehler zugrundeliegt, führt zu dem (später noch zu behandelnden) vermeintlichen Gegensatz zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik und zur Charakterisierung von Kants Ethik als Gesinnungsethik.

In diesem Aufsatz wird „moralisch gute Handlung“ bzw. „moralische Handlung“ ausschließlich im Sinn von MG1 verwendet. „Moralisch gut“ bezieht sich demnach nur auf die Gesinnung der handelnden Person und ist unabhängig vom Inhalt der Pflicht. D. h. eine Person, die aus Pflichtbewußtsein handelt, handelt moralisch gut, gleichgültig ob der Inhalt der Pflicht beispielsweise durch den Kategorischen Imperativ, durch eine Liste von Pflichten oder durch ein konsequentialistisches Moralprinzip bestimmt ist. Ein Konsequentialist, der (vereinfacht ausgedrückt) das Gute maximiert, weil er dies für seine Pflicht hält, handelt ebenso moralisch gut wie ein Kantianer, der seine Maximen am Kategorischen Imperativ testet, weil er dies für seine Pflicht hält. Ob eine Handlung moralisch gut ist, hängt also weder vom Erfolg oder von den Konsequenzen der Handlung ab noch von der tatsächlichen Übereinstimmung mit dem Inhalt der Pflicht (welcher er auch sei). Würde man die Position, daß die Moralität einer Handlung nur von ihrer Gesinnung abhängt, als Gesinnungsethik bezeichnen, so wäre jede Ethik, in der es Pflichten, d. h. bedingungslos gebotene Handlungen, gibt, eine Gesinnungsethik. Denn in jeder Pflichtethik kann jemand das, was Pflicht ist, tun, weil es Pflicht ist.14

Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus

Die bisher getroffenen Begriffsbestimmungen sollen nun auf die Unterscheidung zwischen konsequentialistischen und nonkonsequentialistischen Theorien angewandt werden sowie auf typische Argumente, die gewöhnlich herangezogen werden, um eine Theorie als nonkonsequentialistisch zu klassifizieren.

Mit nonkonsequentialistischen Theorien sind hier deontologische oder absolutistische Theorien gemeint, wobei die in diesem Aufsatz diskutierten Argumente folgende Definitionen voraussetzen:
Konsequentialismus: Die Richtigkeit einer Handlung hängt nur von ihren Konsequenzen ab.
Deontologie: Die Richtigkeit einer Handlung hängt nicht nur von ihren Konsequenzen ab.
Absolutismus: Die Richtigkeit einer Handlung hängt nicht von ihren Konsequenzen ab.
Als Beispiel für eine konsequentialistische Theorie diene der einfache Handlungskonsequentialismus, der durch folgendes Moralkriterium definiert ist:

(HK) Eine Handlung ist richtig (geboten bzw. erlaubt)15 genau dann, wenn der (erwartete) Zustand, der sich aus der Ausführung der Handlung ergibt, mindestens so gut ist wie jeder der (erwarteten) Zustände, die sich aus der Ausführung einer der anderen möglichen Handlungen ergeben hätten.
Eine Handlung ist falsch (verboten) genau dann, wenn der (erwartete) Zustand, der sich aus der Ausführung der Handlung ergibt, schlechter ist als ein (ewarteteter) Zustand, der sich aus der Ausführung einer anderen möglichen Handlung ergeben hätte.

Ob eine Handlung gemäß diesem Kriterium richtig oder falsch ist, ergibt sich allein aus der Beurteilung der (zu erwartenden) Zustände, die sich aus den möglichen Handlungen ergeben (und ist daher unabhängig von der moralischen Wertung). Kommt es für die Richtigkeit nur auf die erwarteten Zustände an, spreche ich von einem subjektiven Handlungskonsequentialismus, kommt es dagegen auf tatsächlichen Zustände an, spreche ich von einem objektiven Handlungskonsequentialismus.

Konsequentialismus und Nonkonsequentialismus unterscheiden sich darin, welche Rolle die Konsequenzen einer Handlung dafür spielen, ob sie geboten, verboten oder erlaubt ist. Im Einklang mit den Begriffsbestimmungen der letzten Abschnitte wurden diese Theorien daher nur mit Hilfe des Begriffs „moralisch richtig“ definiert. Da jedoch der Begriff „moralisch gut“ in der Literatur nicht einheitlich verwendet wird, liest man häufig, daß es in konsequentialistischen Theorien nur von den Konsequenzen abhängt, ob eine Handlung moralisch gut ist, während dies in nonkonsequentialistischen Theorien nicht (nur) von den Konsequenzen abhängt. Die Frage, der im folgenden nachgegangen werden soll, ist, ob man aus der Behauptung, die moralische Güte einer Handlung hänge nicht bzw. nicht nur von ihren Konsequenzen ab, auf eine nonkonsequentialistische Theorie schließen kann.

Wenn jemand, ohne vorher erklärt zu haben, was unter „moralisch gut“ zu verstehen ist, schreibt, daß die moralische Güte einer Handlung unabhängig von ihren Konsequenzen ist, kann damit aufgrund der drei Bedeutungen von „moralisch gut“ dreierlei gemeint sein:
1. Wenn eine Handlung (gemäß MG1) genau dann moralisch gut ist, wenn sie aus Pflicht(bewußtsein) ausgeführt wird, ist offensichtlich, daß die Frage, ob eine Handlung moralisch gut ist, unabhängig von den Konsequenzen der Handlung entschieden werden kann. Die moralische Güte bezieht sich nur auf die Übereinstimmung der Handlung mit dem Pflichtbewußtsein, nicht auf die Übereinstimmung der Handlung mit dem Moralkriterium. Die Übereinstimmung der Handlung mit dem Pflichtbewußtsein ist jedoch unabhängig vom Inhalt des Moralkriteriums und daher erst recht unabhängig von der Rolle der Handlungskonsequenzen für die Richtigkeit der Handlung. In dieser Bedeutung von „moralisch gut“ ist daher die Behauptung, daß die moralische Güte einer Handlung nicht von ihren Konsequenzen abhängt, mit dem Konsequentialismus vereinbar. Sie erlaubt somit keinen Schluß auf eine nonkonsequentialistische Theorie.
2. Wenn eine Handlung (gemäß MG3) genau dann moralisch gut ist, wenn sie richtig ist, scheint mit der Behauptung der Unabhängigkeit der moralischen Güte von den Konsequenzen eine konsequentialistische Theorie ausgeschlossen zu sein. Ob dem tatsächlich so ist, hängt jedoch ab von der Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Konsequentialismus sowie davon, ob man mit den Konsequenzen einer Handlung die tatsächlichen oder die erwarteten Konsequenzen im Auge hat. Entsprechend muß man folgende Möglichkeiten unterscheiden:
(a) Die moralische Güte ist unabhängig von den tatsächlichen Konsequenzen:
Diese Behauptung ist unvereinbar mit einem objektiven Konsequentialismus, aber vereinbar mit einem subjektiven Konsequentialismus. Aufgrund ihrer Vereinbarkeit mit einem subjektiven Konsequentialismus erlaubt die Behauptung keinen Schluß auf eine nonkonsequentialistische Theorie.
(b) Die moralische Güte ist unabhängig von den erwarteten Konsequenzen:
Diese Behauptung ist unvereinbar mit einem subjektiven Konsequentialismus, aber vereinbar mit einem objektiven Konsequentialismus: Selbst wenn die moralische Güte unabhängig von den erwarteten Konsequenzen ist, kann sie doch von den tatsächlichen Konsequenzen abhängen. Aufgrund ihrer Vereinbarkeit mit einem objektiven Konsequentialismus erlaubt die Behauptung keinen Schluß auf eine nonkonsequentialistische Theorie.
(c) Die moralische Güte ist unabhängig von den tatsächlichen und erwarteten Konsequenzen:
Diese Behauptung ist weder mit einem objektiven noch mit einem subjektiven Konsequentialismus vereinbar. Sie erlaubt daher den Schluß auf eine nonkonsequentialistische (genauer: absolutistische) Theorie.
Bevor man also aus der Behauptung, daß die moralische Güte einer Handlung – verstanden (gemäß MG3) im Sinn der Richtigkeit – unabhängig von ihren Konsequenzen ist, auf eine nonkonsequentialistische Theorie schließt, muß erst herausgefunden werden, welche der genannten Möglichkeiten gemeint ist.
3. Wenn eine Handlung (gemäß MG2) genau dann moralisch gut ist, wenn sie aus Pflichtbewußtsein ausgeführt wird und richtig ist, ergeben sich die gleichen Möglichkeiten wie bei (2).

Diese Möglichkeiten sollten deutlich gemacht haben, daß man nicht allein aus der Behauptung, daß die moralische Güte einer Handlung unabhängig von ihren Konsequenzen ist, auf eine nonkonsequentialistische Theorie schließen kann.

Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus in der Nelson-Interpretation

Im nächsten Abschnitt wird gezeigt, welche Relevanz die bisher getroffenen Unterscheidungen und Argumente für die Interpretation Kants haben. Als Hinführung dazu möchte ich die Unterscheidungen zunächst auf eine Argumentation Leonard Nelsons anwenden. Nelson ist für vorliegendes Thema besonders aufschlußreich, da er sich selbst als Vertreter einer kantianischen Ethik verstand und vom Utilitarismus distanzierte, andererseits aber gelegentlich als Utilitarist bezeichnet worden ist.16 Auch Nelsons schon mehrfach bemerkte Ähnlichkeit zu Hare,17 der einen Präferenzutilitarismus vertritt, scheint dafür zu sprechen, daß diese Zuordnung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. In Nelsons Ethik scheinen sich also sowohl deontologische als auch konsequentialistische Elemente zu finden. Schließlich ist der Umweg über Nelsons Schriften hilfreich, um zu einem besseren Verständnis Kants zu gelangen. Im Gegensatz zu Kants Schriften lassen sich diejenigen Nelsons unbefangener lesen, da man unvorbelastet durch unzählige Kommentare an sie herangehen kann. Nicht zuletzt liest man Nelson deshalb mit Gewinn, weil er viele wichtige Unterscheidungen klarer faßt als Kant.

Von primärer Bedeutung für das Thema dieses Aufsatzes ist der zweite Teil in Nelsons Kritik der praktischen Vernunft, die „Exposition der ethischen Prinzipien“ (IV, 73–332), in der sich die Erörterung des Begriffs der Pflicht findet, die wiederum unterteilt ist in die Erörterung des Begriffs des Sittlich-Guten (bzw. Moralischen) und des Begriffs der Pflicht. Vom Begriff der Pflicht unterscheidet Nelson den Inhalt bzw. das Kriterium der Pflicht. Nelsons Erörterung des Begriffs des Sittlich-Guten bzw. Moralischen und des Begriffs der Pflicht (IV, 75–103) soll klären, wie wir die genannten Begriffe verwenden und welche Merkmale ihnen zukommen. Seine Methode gleicht der in der analytischen Philosophie angewandten Methode der Untersuchung der Sprache der Moral. In dieser Erörterung finden sich deutliche Parallelen zu Kants Grundlegung sowie Argumente, die für eine deontologische und gegen eine konsequentialistische Ethik zu sprechen scheinen.
Zur Verständlichkeit der Nelsonschen Argumentation nenne ich im folgenden alle seine Argumentationsschritte. Davon sind jedoch nur einige für diesen Aufsatz relevant. Die anderen Schritte lasse ich unkommentiert, und es bleibe dahingestellt, ob sie plausibel sind oder nicht.

Nelsons Erörterung des Begriffs des Sittlich-Guten

Nelsons Erörterung des Begriffs des Sittlich Guten (IV, 75–84) besteht im wesentlichen in folgenden Schritten:
1. Der Gegenstand der Ethik ist das Sittlich-Gute bzw. das Moralische. (IV, 75)
2. Nur Handlungen können sinnvollerweise als sittlich-gut bzw. moralisch beurteilt werden. (IV, 75)
3. => Gegenstand eines ethischen Urteils können nur Handlungen sein. (IV, 75)
4. Die moralische Beurteilung einer Handlung ist unabhängig von der Nützlichkeit der Handlung für irgendwelche Zwecke, d. h. unabhängig von den Wirkungen der Handlung. (IV, 77)
5. => Der moralische Wert einer Handlung muß ihr unmittelbar zukommen (und nicht mittelbar durch ihre Folgen). (IV, 77) D. h. der moralische Wert einer Handlung „muß das betreffen, was einer Handlung als solcher eigentümlich ist und sie von allem unterscheidet, was nicht Handlung ist.“ (IV, 78)
6. Das eigentümliche der Handlung ist, „daß eine Handlung immer die unmittelbare Äußerung eines Willens ist.“ (IV, 78)
7. => Der moralische Wert einer Handlung hängt ab von der Art des Wollens. (IV, 78, 79)
8. Da nur besonnene Handlungen gewollt sind, können nur diese einen moralischen Wert haben. D. h. Besonnenheit ist eine notwendige Bedingung für die Moralität einer Handlung.
9. Besonnenheit ist nicht hinreichend für die Moralität einer Handlung. Eine weitere Bedingung ist der Inhalt des Wollens, d. h. die Motive, aus denen wir uns entschließen. (IV, 79f.)
10. Wenn das Motiv die Befriedigung einer Neigung ist, hat die Handlung keinen moralischen Wert. (IV, 81f.)
11. => Das Motiv einer moralischen Handlung kann nur in der Vorstellung liegen, daß der Handlung ein Vorzug zukommt, der unabhängig ist von der Befriedigung irgendwelcher Neigungen. (IV, 82)
12. D. h., die moralische Handlung ist allen anderen möglichen Handlungen (die zur Befriedigung irgendwelcher Neigungen dienen könnten) vorzuziehen. (IV, 82)
13. D. h., die moralische Handlung ist bedingungslos, schlechthin geboten. Eine schlechthin gebotene Handlung heißt „Pflicht“. (IV, 82)
14. „Eine Handlung ist [...] nur dann moralisch, wenn durch sie die Pflicht erfüllt wird.“ (IV, 82)
15. Eine Handlung hat moralischen Wert, genau dann, wenn
– sie der Pflicht gemäß ist und
mit dem Bewußtsein der Pflicht geschieht und
– das Bewußtsein der Pflicht für sich alleine hinreichend wäre, um eine Person zu dieser Handlung zu bestimmen (d. h., wenn die Handlung aus dem Bewußtsein der Pflicht geschieht). (IV, 83f.)

Auf einige dieser Schritte möchte ich nun im Lichte der Argumentation der vorangegangenen Abschnitte näher eingehen.
In Schritt 4 behauptet Nelson, daß die Beurteilung einer Handlung als sittlich gut bzw. als moralisch unabhängig von der Nützlichkeit der Handlung für irgendwelche Zwecke und unabhängig von den Wirkungen der Handlung ist:

Eine Handlung mag noch so wohltätige Folgen nach sich ziehen, so wird sie dadurch noch keineswegs sittlich gut. Wenn wir eine Handlung moralisch beurteilen, so fragen wir nicht nach ihrer Nützlichkeit für diese oder jene Zwecke, sondern wir beurteilen sie ohne Rücksicht auf die durch sie hervorgebrachten Wirkungen. Diese Wirkungen mögen so erfreulich oder so bedauerlich sein, wie sie wollen, so ist doch die Frage nach der Moralität der Handlung dadurch noch gar nicht berührt. Die Schätzung einer Handlung nach dem Erfolg ist von ihrer moralischen Beurteilung gänzlich zu trennen. (IV, 77)
Wenn der gesuchte Vorzug der Handlung nicht erst mittelbar von ihren Folgen erwartet werden kann, so muß er ihr unmittelbar zukommen. (IV, 77)

Diese Sätze scheinen einer deutlichen Zurückweisung des Konsequentialismus gleichzukommen. Bei diesem spielen die Handlungsfolgen eine wesentliche Rolle, denen Nelson hier jegliche Bedeutung für die moralische Beurteilung von Handlungen abspricht. Nur allzu leicht schließt man daher aus den zitierten Sätzen, daß Nelsons Erörterung des Begriffs des Sittlich-Guten schon eine Vorentscheidung zugunsten einer nonkonsequentialistischen Ethik mit sich bringt. Dieser Schluß wäre jedoch voreilig. Nelson hat bisher noch nicht erklärt, was er unter den Begriffen „moralisch“ bzw. „sittlich gut“ versteht, sondern will dies vielmehr im Laufe dieser Erörterung erst herausfinden. Es ist daher in diesem Stadium der Erörterung noch offen, was unter der „moralischen Beurteilung“ einer Handlung zu verstehen ist. Hier liegt also genau der im letzten Abschnitt besprochene Fall vor, daß jemand, ohne vorher erklärt zu haben, was unter „moralisch gut“ zu verstehen ist, behauptet, daß die moralische Güte einer Handlung unabhängig von ihren Konsequenzen ist. Wie oben dargestellt, kann diese Behauptung auf mehrere Weisen interpretiert werden, von denen nur einige mit dem Konsequentialismus unvereinbar sind. Solange man nicht weiß, auf welche dieser Weisen Nelson seine Behauptung verstanden wissen will, läßt sich nicht schließen, daß er sich bereits an dieser Stelle für eine nonkonsequentialistische Theorie ausspricht. Nur wenn Nelson „sittlich gut“, „moralische Beurteilung“ und „Moralität“ im Sinn von von MG3 (oder MG2) gebrauchen würde, wären seine Äußerungen gegen den Konsequentialismus gerichtet. Abgesehen davon, daß man Nelsons bisherigen Ausführungen nicht entnehmen kann, daß er die Begriffe im Sinn von MG3 verwendet, ist dies auch eher unwahrscheinlich, da man insbesondere, wenn man von der Moralität einer Handlung spricht, gewöhnlich MG1 im Sinn hat. Die weiteren Ausführungen Nelsons bestätigen diese Vermutung.

In Schritt 10 behauptet Nelson,

daß wir moralisch weder eine Handlung nennen, die um der unmittelbaren, noch eine solche, die um der mittelbaren Befriedigung irgend welcher Neigungen willen geschieht. Wir sind im Gegenteil der Meinung, daß jemand, um moralisch zu handeln, alle Rücksicht auf seine Neigungen beiseite setzen muß, diese Neigungen mögen übrigens noch so stark und noch so gutartig erscheinen. Eine Handlung, die um der Befriedigung einer, sei es bewußten, sei es geheimen oder uneingestandenen Neigung willen geschieht, kann niemals moralisch zu heißen verdienen. (IV, 81)

Dieses Zitat macht klar, daß Nelson in seiner Erörterung die erste Art der moralischen Beurteilung, d. h. die moralische Wertung, im Auge hat, bei der man nach dem Motiv bzw. der Gesinnung der handelnden Person, speziell nach der Übereinstimmung der Handlung mit dem Pflichtbewußtsein fragt und nicht nach der Richtigkeit von Handlungen. Er kann daher „moralische Handlung“ nicht im Sinn von MG3 verstehen.
Wenn die Neigung als Motiv einer moralischen Handlung ausgeschlossen ist, kann dieses Motiv nur „in der Vorstellung einer der Handlung unabhängig von der Befriedigung irgend welcher Neigungen zukommenden Vorzüglichkeit“ (IV, 82) liegen. Die moralische Handlung ist also eine Handlung, die allen anderen möglichen Handlungen, die zur Befriedigung irgendwelcher Neigungen dienen könnten, vorzuziehen ist, und in diesem Sinne bedingungslos (Schritte 11–13):

Das Gewissen rechtfertigt die Handlung, die es von uns fordert, nicht durch irgend einen weiteren Zweck, zu dessen Erreichung sie als Mittel dienlich wäre, sondern es gebietet sie bedingungslos, ohne Rücksicht auf die etwa widerstreitenden Neigungen. (IV, 82)

Die Behauptung, das Gewissen rechtfertige die Handlung nicht durch einen weiteren Zweck, zu dem sie Mittel ist, steht nicht im Gegensatz zum Konsequentialismus. Man könnte denken, der Konsequentialismus rechtfertige die Handlung als Mittel zur Maximierung des Guten und dies stehe im Gegensatz zu Nelsons Äußerung. Die Rechtfertigung der Handlung als Mittel zur Maximierung des Guten betrifft jedoch den Inhalt der Pflicht, und um diesen geht es an dieser Stelle noch nicht. Auch Konsequentialisten können Nelsons Behauptung unterschreiben, daß diejenige Handlung, die Pflicht ist, bedingungslos und also ohne Rücksicht auf etwa widerstreitende Neigungen geboten ist und nicht durch einen weiteren Zweck gerechtfertigt wird. So ist es dem Handlungskonsequentialismus zufolge bedingungslos geboten, diejenige Handlung auszuführen, die im Vergleich zu den alternativ möglichen Handlungen, die besten Konsequenzen nach sich zieht. Dieses bedingungslose Maximierungsgebot ist sogar so charakteristisch für den (direkten) Handlungskonsequentialismus, daß dessen Gegner es gegen ihn wenden und daraus den bekannten Überforderungseinwand konstruieren: Dem Konsequentialismus zufolge müsse man sich in jeder Situation, in der man eine bestimmte Handlung beabsichtigt, fragen, ob es nicht eine andere Handlung gibt, die zu einer größeren Interessenbefriedigung führen würde. Da dies angesichts des großen Leidens auf dieser Welt fast immer der Fall sein wird, müssen Konsequentialisten stets ihre eigenen Interessen den gewichtigeren Interessen anderer Menschen unterordnen und auschließlich für die Maximierung des Guten leben. Weil dies eine heillose Überforderung der Menschen sei, könne der Konsequentialismus keine akzeptable ethische Theorie sein. Angesichts dieses so populären Einwandes ist es verwunderlich, daß man gelegentlich immer noch lesen kann, es gebe in konsequentialistischen Theorien keine kategorischen Imperative.18

Eine bedingungslos bzw. schlechthin gebotene Handlung heißt Pflicht (Schritte 13–14):

Man nennt eine Handlung, sofern sie schlechthin geboten ist, Pflicht. Eine Handlung ist also nur dann moralisch, wenn durch sie die Pflicht erfüllt wird. (IV, 82)

Die Pflichterfüllung ist nach Nelson jedoch noch keine hinreichende Bedingung für die Moralität einer Handlung. Vielmehr ist nach Schritt 15 eine Handlung genau dann moralisch wenn
(a) sie der Pflicht gemäß ist (also die Pflicht erfüllt wird), und
(b) sie mit dem Bewußtsein der Pflicht geschieht, und
(c) das Bewußtsein der Pflicht für sich alleine hinreichend wäre, um eine Person zu dieser Handlung zu bestimmen (d. h. wenn die Handlung aus dem Bewußtsein der Pflicht geschieht). (IV, 83f.)
Diese Bestimmung entspricht MG2, wonach eine moralisch gute Handlung eine richtige Handlung aus Pflichtbewußtsein ist. Jedoch ist Nelsons Schluß in Schritt 14 auf Bedingung (a) nicht durch die vorangegangenen Schritte gerechtfertigt. Aus keinem der 13 Schritte läßt sich schließen, daß eine Handlung nur dann moralisch sein kann, wenn durch sie die Pflicht erfüllt wird. Die durch die bisherige Erörterung völlig unmotivierte Behauptung in Schritt 14 sollte als eine Unachtsamkeit Nelsons interpretiert werden, da sie von ihm später und in anderen Schriften nicht mehr aufgegriffen wird und mit vielen anderen Textstellen unvereinbar ist. Als Belegstellen für Nelsons Verwendung von „moralische Handlung“ im Sinn von MG1 (und nicht MG2) mögen folgende Zitate dienen:

[...] für die Moralität kommt es nur darauf an, daß die Handlung des einzelnen seiner Überzeugung von der Pflicht entspricht, ohne Rücksicht auf den Inhalt dieser Überzeugung. (IV, 254)
Wir werten eine Handlung moralisch nach dem Verhältnis, in dem der Wille des Handelnden zum Pflichtbewußtsein steht. (V, 62)
Denn moralisch beurteilen wir eine Tat nicht danach, ob sie dem objektiven Inhalt des Gesetzes gemäß oder zuwider ist, sondern vielmehr danach, ob sie dem Pflichtbewußtsein des Handelnden gemäß oder zuwider erfolgt. (V, 83)
Wir haben gefunden, daß es für die moralische Beurteilung allein auf das Pflichtbewußtsein des Handelnden ankommt, ohne Rücksicht auf die Richtigkeit seiner Überzeugung. (V, 104)
Damit eine Handlung moralisch ist, ist ja nur notwendig, daß sie der subjektiven Überzeugung entspricht [...]. (VIII, 14)

Ich schließe daher, daß Nelson „moralisch“, „moralisch gut“ bzw. „sittlich gut“ im Sinn von MG1 verwendet und dies das Ergebnis seiner Erörterung des Begriffs des Sittlich-Guten ist. Wenn man aus dem Blickwinkel dieses Ergebnisses die Zitate zu den Schritten 4 und 10 liest, sollte kein Zweifel darüber bestehen, daß sie keinerlei Anhaltspunkt für den Schluß auf eine nonkonsequentialistische Position liefern. Während in Schritt 4 noch (weitgehend) offen war, wie „moralisch gut“ zu verstehen ist und aufgrund dieser Offenheit nicht auf einen Nonkonsequentialismus geschlossen werden konnte, wurde in den nachfolgenden Schritten immer deutlicher, daß Nelson nur die moralische Wertung im Auge hatte, in der es um die Übereinstimmung der Handlung mit dem Pflichtbewußtsein geht und nicht um ihre Übereinstimmung mit dem Moralkriterium.

Mit diesen Bestimmungen ist für Nelson der Begriff des Sittlich-Guten bzw. des Moralischen geklärt: Der Begriff des Sittlich-Guten läßt sich auf den Begriff der Pflicht zurückführen (IV, 93, 104). „Wir müssen daher, um den Begriff des sittlich Guten völlig aufzuklären, den Begriff der Pflicht einer näheren Erörterung unterziehen.“ (IV, 85)

Nelsons Erörterung des Begriffs der Pflicht

Die Darstellung von Nelsons Erörterung des Begriffs der Pflicht (IV, 85–96) kann kürzer gehalten werden. Es genügt, die wichtigsten Merkmale dieses Begriffs hervorzuheben.
1. Pflicht ist eine Handlung, die schlechthin geboten und daher praktisch notwendig ist: praktisch notwendig im Gegensatz zur Naturnotwendigkeit und notwendig im Gegensatz zu Handlungen, die im Belieben der Handelnden stehen. Die praktische Notwendigkeit wird ausgedrückt durch einen kategorischen Imperativ. (IV, 85f.)
2. Pflicht bezieht sich stets auf einen Willen:

Pflicht ist die praktische Notwendigkeit einer Handlung. Handlung ist ein Geschehen, sofern es davon abhängt, daß jemand will, daß es geschieht. Es liegt daher im Begriff der Pflicht, daß sie sich auf einen Willen bezieht. Nur als Äußerung eines Willens wird ein Geschehen moralisch beurteilt. (IV, 88)

3. Pflicht kann nicht darin bestehen, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, sondern nur darin, ihn herbeiführen zu wollen:

Das, was durch den Willen geschieht, nennen wir die Tat. Die Tat kann aber niemals, sofern sie Wirkung des Wollens ist, Pflicht sein und sittlichen Wert erhalten; denn welches die Wirkung des Wollens ist, hängt nicht vom Wollen allein ab und ist insofern für das Wollen als solches zufällig. Nicht einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, kann Pflicht sein, sondern allein, ihn herbeiführen zu wollen. Eine Tat kann also nicht als Wirkung, sondern nur als Gegenstand des Wollens moralisch beurteilt werden. (IV, 88)

4. Mit Bezug auf die Pflicht kann eine Handlung nicht nach ihrem Erfolg, sondern nur nach der Gesinnung, aus der sie hervorgeht, beurteilt werden:

Daß wir etwas insofern wollen, als es Pflicht ist, und insofern nicht wollen, als es pflichtwidrig ist, dies charakterisiert unsere Gesinnung.
Da sich nun die Pflicht unmittelbar auf den Willen bezieht, der Gegenstand des Willens aber nur als solcher den Willen charakterisiert, während seine sonstige Beschaffenheit hinsichtlich des Wollens zufällig ist, so folgt, daß eine Handlung auf Grund der Pflicht nur nach dem Gegenstand des Wollens als solchem zu beurteilen ist, also danach, ob der Wille, aus dem sie hervorgeht, sich die Erfüllung der Pflicht zur Bedingung seines Handelns macht; kurz nach der Gesinnung und nicht nach der Tat. (IV, 88f.)

5. Handlungen, die aus der Gesinnung entspringen, die Pflicht zu erfüllen, sind moralisch (bzw. sittlich gut):

Daß sich der Wille die Erfüllung der Pflicht zum Gegenstand macht, besagt aber wieder dasselbe, wie daß der Wille durch das Bewußtsein der Pflicht bestimmt wird. Das Handeln eines solchen Willens nennen wir moralisch.
So kommen wir hier vom Begriff der Pflicht aus wieder auf den Begriff der moralischen Handlung zurück, dessen Zergliederung uns zuerst auf den Begriff der Pflicht geführt hatte. (IV, 89)

Man könnte versucht sein, in den Merkmalen 3 und 4 einen Gegensatz zum Konsequentialismus zu sehen. Dagegen spricht zunächst, daß sich Nelson an dieser Stelle immer noch mit der Erörterung des Begriffs der Pflicht und nicht mit dem Inhalt der Pflicht beschäftigt. Ergäbe sich daraus bereits die Unvereinbarkeit des Konsequentialismus mit dem Begriff der Pflicht, würde dies gegen Nelsons Erörterung sprechen und nicht gegen den Konsequentialismus. In heutiger Terminologie würde man diese Unvereinbarkeit so ausdrücken, daß der Konsequentialismus mit der Sprache der Moral unvereinbar ist – eine Behauptung, die wohl kaum zu verteidigen ist.19

Die Beurteilung der Handlung nach der Gesinnung im vierten Merkmal bezieht sich auf die moralische Wertung, d. h. (wie es Nelson im fünften Merkmal explizit formuliert) darauf, ob die Handlung aus Pflichtbewußtsein ausgeführt worden ist. Diese Wertung steht auch dem Konsequentialismus offen, so daß kein Gegensatz zu diesem besteht. Ein Problem liegt allerdings darin, daß Nelson schreibt, eine Handlung sei nur nach der Gesinnung zu beurteilen. Das hieße, daß eine Handlung nur gemäß der moralischen, nicht aber gemäß der rechtlichen Wertung zu beurteilen ist, was mit dem Konsequentialismus unvereinbar wäre. Diese Auffassung widerspricht jedoch so offensichtlich Nelsons Theorie, daß sie als adäquate Interpretation ausscheidet. Denn ein zentrales Argument Nelsons lautet, daß die Bestimmung des Willens durch das Bewußtsein der Pflicht einen Inhalt der Pflicht voraussetzt. Hat die Pflicht aber einen Inhalt, kann man eine Handlung sowohl danach beurteilen, ob sie mit diesem Inhalt übereinstimmt als auch danach, ob sie mit dem Pflichtbewußtsein übereinstimmt. Eine angemessenere Lesart des Zitats zum vierten Merkmal wäre daher, das Wort „moralisch“ einzufügen, so daß eine Handlung nur nach der Gesinnung moralisch zu beurteilen ist.

Das dritte Merkmal läßt sich problemlos mit einem subjektiven Konsequentialismus vereinbaren, bei dem sich die Richtigkeit einer Handlung durch die erwarteten Konsequenzen bestimmt. Ebenso könnte man das dritte Merkmal im Sinne einer intentionalistischen Ethik interpretieren. Da intentionalistische Ethiken sowohl deontologisch als auch konsequentialistisch sein können,20 läßt sich aus dem dritten Merkmal nicht auf eine deontologische Theorie schließen.

Um sich abschließend klar zu machen, daß Nelsons Erörterung des Begriffs des Sittlich-Guten, Moralischen und der Pflicht keine Entscheidung für eine deontologische Ethik präjudiziert, sondern mit dem Konsequentialismus vereinbar ist, sei nochmal das handlungskonsequentialistische Kriterium (HK) zitiert:
(HK) Eine Handlung ist richtig (geboten bzw. erlaubt) genau dann, wenn der (erwartete) Zustand, der sich aus der Ausführung der Handlung ergibt, mindestens so gut ist wie jeder der (erwarteten) Zustände, die sich aus der Ausführung einer der anderen möglichen Handlungen ergeben hätten.
Eine Handlung ist falsch (verboten) genau dann, wenn der (erwartete) Zustand, der sich aus der Ausführung der Handlung ergibt, schlechter ist als ein (ewarteteter) Zustand, der sich aus der Ausführung einer anderen möglichen Handlung ergeben hätte.

Ganz offensichtlich kann es nichts in Nelsons Ausführungen geben, das mit diesem Prinzip unvereinbar ist, da Nelson noch überhaupt kein Wort darüber verloren hat, welche Handlungen moralisch richtig (geboten oder erlaubt) und welche moralisch falsch (verboten) sind. Nelson hat sich bisher nur mit dem Begriff des Sittlich-Guten bzw. dem Begriff der Pflicht beschäftigt, während (HK) ein Kriterium der Pflicht formuliert. Auf diese Unterscheidung zwischen Begriff und Kriterium der Pflicht und die Unmöglichkeit, aus dem Begriff ein Kriterium der Pflicht abzuleiten, legt Nelson zu Recht allergrößten Wert.21 Ob Nelson ein Konsequentialist oder ein Deontologe ist, entscheidet sich nicht an seiner Erörterung der Begriffe des Sittlich-Guten und der Pflicht, sondern an seiner Bestimmung des Inhalts bzw. Kriteriums der Pflicht (die er im zweiten Abschnitt seiner „Exposition der ethischen Prinzipien“ vornimmt).

Der voreilige Schluß auf den Nonkonsequentialismus in der Kant-Interpretation

Im vorletzten Abschnitt wurde gezeigt, daß, je nachdem in welcher Bedeutung man „moralisch gut“ verwendet, die Behauptung, die Moralität einer Handlung sei unabhängig von ihren Konsequenzen, mit dem Konsequentialismus vereinbar ist oder nicht. Solange nicht klar ist, in welcher Bedeutung „moralisch gut“ verwendet wird, rechtfertigt die Behauptung alleine keinen Schluß auf einen Nonkonsequentialismus. Im letzten Abschnitt wurde dieser Gedanke auf Nelsons Erörterung der Begriffe der moralisch guten Handlung und der Pflicht angewandt, um nachzuweisen, daß einige (sehr an Kant angelehnte) Äußerungen, die gewöhnlich als typisch für eine nonkonsequentialistische Position gelten und zu dem Schluß auf eine nonkonsequentialistische Ethik verleiten, tatsächlich mit einem Konsequentialismus vereinbar sind, der Schluß auf einen Nonkonsequentialismus im Fall von Nelson also nicht gerechtfertigt ist.
Die gleiche Argumentation soll nun auf die Interpretation von Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten angewandt werden.22 Die Interpreten dieser Schrift fallen häufig dem oben dargestellten Fehlschluß zum Opfer. Ein besonders deutliches Beispiel dafür findet sich in Harald Köhls Buch Kants Gesinnungsethik (bei dem man die Fehlinterpretation schon im Titel des Buches erkennen kann).

Nach Köhl kommen mindestens zwei Aspekte einer Handlung

als das in Betracht, woran sich die moralische Beurteilung orientieren könnte: nämlich erstens die Absicht des Handelnden und zweitens die Handlungsfolgen. Entsprechend scheint es eine theoretische Alternative zu geben zwischen einer Folgenethik und dem, was ich eine Gesinnungsethik nennen möchte. Der bereits erwähnte Utilitarismus ist das Paradigma einer Folgenethik, Kant ist das prominente Beispiel eines Gesinnungsethikers.23 (12)

Hier führt Köhl einen Gegensatz zwischen Gesinnungsethik und Folgenethik ein, der so nicht besteht. Die moralische Relevanz der Handlungskonsequenzen bezieht sich auf die Richtigkeit von Handlungen. In einer Folgenethik ist also die Richtigkeit einer Handlung nur abhängig von ihren Konsequenzen. Die Konsequenzen spielen dagegen keine Rolle für die Frage, ob eine Handlung moralisch gut ist, da sich diese Frage ausschließlich auf die Gesinnung der handelnden Person bezieht. Köhls vermeintliche Alternative zwischen einer Gesinnungsethik und einer Folgenethik ist daher kein Gegensatz, da die Gesinnungsethik die Moralität einer Handlung beurteilt, während die Folgenethik die Richtigkeit einer Handlung beurteilt. Zwischen diesen beiden Beurteilungen besteht kein Gegensatz und eine ethische Theorie kann (und sollte) beiden Beurteilungen Rechnung tragen. Köhl gründet seine Kant-Interpretation auf einen scheinbaren Gegensatz, den er nur postulieren kann, weil er den Unterschied zwischen der moralischen und rechtlichen Wertung, d. h. zwischen moralisch guten und richtigen Handlungen mißachtet.
Um aus der vermeintlichen eine echte Alternative zu machen, müßte man die Auffassung vertreten, daß sich die moralische Relevanz der Gesinnung auf die Richtigkeit der Handlung bezieht.24 Diese Auffassung ist jedoch nicht haltbar, sofern man unter Gesinnung nur das Pflichtbewußtsein versteht. Sie könnte allenfalls vertretbar sein, wenn man unter Gesinnung vom Pflichtbewußtsein unterschiedene gute Absichten (z. B. Wohlwollen) versteht. Diese Möglichkeit spielt aber für die Kant-Interpretation keine Rolle, da es Kant nur um das Pflichtbewußtsein geht.

Nach Köhl ist es ein wesentlicher Grundzug von Kants Ethik, daß es für die moralische Beurteilung einer Handlung auf die Gesinnung der handelnden Person ankommt:

Im ersten Abschnitt der „Grundlegung“ geht es neben anderem hauptsächlich um die Frage, was an einer Handlung es ist, wonach wir sie moralisch beurteilen. Es ist für Kant dreierlei: Erstens „der Wille“ des Handelnden, das, was er tun wollte, also seine Absicht. Zweitens sind es Maximen, das sind individuelle Handlungsgrundsätze. Drittens sind es die Beweggründe des Handelnden, seine Motive. Man kann diese Antworten unter dem Kantischen Titel der „Gesinnung“ zusammenfassen und dann sagen: Worauf es nach Kant für die moralische Beurteilung einer Handlung ankommt, ist die Gesinnung des Handelnden. Ich nenne diesen Grundzug seiner Ethik deshalb ihren gesinnungsethischen Ansatz. (Köhl 1990, 2)

Für Kants Ethik gilt also

die gesinnungsethische Grundthese:
(G) Was an einer Handlung moralisch beurteilt wird, ist die Handlungsabsicht. (11)

Die folgenden Behauptungen aus dem ersten Abschnitt der Grundlegung

konkretisieren auf verschiedene Weise Kants Generalthese, daß es für die moralische Beurteilung einer Handlung auf die Gesinnung des Handelnden ankommt; und sie erläutern, mit welcher Gesinnung Handlungen ausgeführt werden müssen, um moralisch gut zu sein. (6)
(1) Es ist überall nichts in der Welt, … was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille. (393)25
(2) Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zu Erreichung irgend eines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch das Wollen, d. i. an sich gut … (394)
(3) … eine Handlung aus Pflicht hat ihren moralischen Wert nicht in der Absicht, welche dadurch erreicht werden soll, sondern in der Maxime, nach der sie beschlossen wird, hängt also nicht von der Wirklichkeit des Gegenstandes der Handlung ab, sondern bloß von dem Prinzip des Wollens, nach welchem die Handlung unangesehen aller Gegenstände des Begehrungsvermögens geschehen ist. (399/400)
(4) Eine Handlung ist nur dann moralisch gut, wenn sie aus Pflicht geschehen ist.
(5) Pflicht ist Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz. (400)
(6) … ich soll niemals anders verfahren als so, daß ich auch wollen könne, meine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden. (402)

Von These (2) behauptet Köhl, daß

sie es ist, wodurch sich Kants Ethik von der anderen großen Hauptströmung in der modernen Ethik grundsätzlich unterscheidet: Ich meine den Utilitarismus. Für Utilitaristen ist bezeichnend, daß sie genau die Position einnehmen, gegen die Kant sich (u. a.) absetzt: daß nämlich Handlungsfolgen für die moralische Beurteilung einer Handlung das Wesentliche sind. (11)

Nach den Überlegungen der vorangegangenen Abschnitte ist es kaum mehr nötig, diese Zitate zu kommentieren. Die Behauptungen Kants, auf die sich Köhl bezieht, wurden in ähnlicher Form auch von Nelson vertreten, und im Abschnitt zu Nelson wurde gezeigt, daß sich aus ihnen nicht auf eine nonkonsequentialistische Theorie schließen läßt. Köhls Fehlschluß auf den Nonkonsequentialismus liegt in seiner Behauptung, These (2) sei mit dem Utilitarismus unvereinbar. Wie oben ausführlich dargestellt, ist dies nicht der Fall. Köhl kann nur deshalb die Unvereinbarkeit behaupten, weil er völlig undifferenziert von der moralischen Beurteilung einer Handlung spricht und nicht zwischen den beiden Arten der moralischen Beurteilung, d. h. zwischen der moralischen und rechtlichen Wertung, unterscheidet.

Eine weitere Quelle für den voreiligen Schluß auf die Unvereinbarkeit von Kants Ethik mit dem Konsequentialismus liegt im Begriff des moralischen Werts einer Handlung. Wie man mit diesem Begriff einen vermeintlichen Gegensatz zwischen Kant und dem Konsequentialismus konstruieren kann, möchte ich anhand von Peter Rohs’ Aufsatz „Warum Kant kein Utilitarist war“ (1995) illustrieren. Rohs begeht nicht den Fehler Köhls, sondern schreibt explizit, daß die Unterscheidung zwischen den beiden Arten der moralischen Beurteilung für Kants Ethik wichtig ist und die beiden Beurteilungsarten sogar „in gewissen Grenzen voneinander unabhängig“ sind (35). Dann jedoch fährt er fort:

Kant ist nun der Überzeugung, daß die moralisch relevante Unterscheidung die bei den Motiven einsetzende ist: Wenn man das Richtige tut, aber aus falschen Motiven, ist das moralisch wertlos. [...] Dies ist nun eine nicht-utilitaristische Position. Bei gleichen Handlungen wird ja die Größe des sich ergebenden Nutzens (und sogar seine Verteilung) kaum von den Motiven abhängen, aus denen gehandelt wird. Für die moralische Bewertung aber ist nach Kant diese letztere Frage schlechthin entscheidend. Schon die Einführung zweier [...] Bewertungskriterien ist rein utilitaristisch kaum zu rechtfertigen – danach sollte bei gegebener Größe des Nutzens irrelevant sein, welche Motive ihn produziert haben –; erst recht ist die kantische Art ihrer Zuordnung utilitaristisch nicht zu vertreten: Die beste Tat ist moralisch nichts wert, wenn sie aus falschen Gründen geschehen ist. Dies erklärt sich ja nicht daraus, daß der aus ihr sich ergebende Nutzen irgendwie geringer wäre, sondern daß nach Kant die Moralität in etwas ganz anderem liegt als dem Nutzen, der sich ergibt, wenn man das Richtige tut. Eine erste nicht-utilitaristische These Kants ist also: Die Unterscheidung des moralisch Wertvollen vom moralisch Wertlosen ist unabhängig von möglichen Nutzenverteilungen. (Rohs 1995, 36f.)

Was bedeutet es, daß eine Handlung moralisch wertvoll oder wertlos ist? Da vom moralischen Wert bereits mehrmals in den fünfzehn Schritten (S. 11) von Nelsons Erörterung des Sittlich-Guten die Rede war, ist es hilfreich, noch einmal zu Nelson zurückzukehren und auf seine Verwendung dieses Begriffs in folgendem Argument (das Schritt 15 entspricht) zu achten:

Aber selbst wenn eine Handlung sowohl der Pflicht gemäß als auch mit dem Bewußtsein der Pflicht geschieht, so reichen doch diese beiden Bedingungen noch nicht hin, um der Handlung moralischen Wert zu sichern. Denn auch wer eine Handlung tut, von der er weiß, daß sie Pflicht ist, tut sie vielleicht noch aus anderen Gründen als darum, weil sie Pflicht ist. Auf Moralität kann er nur Anspruch erheben, wenn er die Handlung auch dann tun würde, wenn diese anderen Gründe für ihn nicht vorhanden wären, d. h. wenn das Bewußtsein der Pflicht die Handlung nicht nur begleitet, sondern auch für sich allein hinreichend wäre, um ihn zu der Handlung zu bestimmen. [...] Es genügt also für eine moralische Handlung weder, daß sie pflichtgemäß, noch auch daß sie mit dem Bewußtsein der Pflicht geschieht, sondern es kommt erst darauf an, ob sie auch aus dem Bewußtsein der Pflicht geschieht. [...]
[...] Sittlich gut ist eine Handlung, deren Bestimmungsgrund das Pflichtbewußtsein ist. (IV, 83f.)

In diesem Argument spricht Nelson nacheinander vom moralischen Wert, von der Moralität, von der moralischen Handlung und von der sittlich guten Handlung, und es besteht kein Zweifel daran, daß er diese Begriffe austauschbar verwendet. Eine Handlung hat also moralischen Wert genau dann, wenn sie eine moralische bzw. sittlich gute Handlung ist; auf Moralität kann eine Handlung genau dann Anspruch erheben, wenn sie moralischen Wert hat. Das Kriterium für den moralischen Wert einer Handlung ist nach Nelson, daß der Bestimmungsgrund der Handlung das Pflichtbewußtsein ist. Mit dem moralischen Wert einer Handlung bezieht man sich also auf die zu Beginn dieses Aufsatzes eingeführte erste Art der moralischen Beurteilung, die eine Handlung danach beurteilt, ob sie aus Pflichtbewußtsein ausgeführt worden ist. Kants Begriff des moralischen Werts unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht von demjenigen Nelsons.26 Rohs’ Behauptung, daß es moralisch wertlos ist, das Richtige aus den falschen Motiven zu tun, ist daher zwar richtig, aber trivial und keineswegs, wie Rohs behauptet, eine nicht-utilitaristische These. Daß eine Handlung moralischen Wert hat, bedeutet nichts anderes, als daß sie aus dem richtigen Motiv, d. h. aus Pflichtbewußtsein ausgeführt worden ist. Das heißt, der moralische Wert bezieht sich auf die moralisch gute Handlung und nicht auf die moralisch richtige Handlung. Es gibt keinen Grund, warum dem Utilitaristen bzw. Konsequentialisten nicht zustimmen könnten. Wenn Rohs die Auffassung, daß die Unterscheidung des moralisch Wertvollen vom moralisch Wertlosen unabhängig von möglichen Nutzenverteilungen ist, für eine nicht-utilitaristische These Kants hält, scheint er folgendes anzunehmen: Für Kant haben moralisch gute Handlungen moralischen Wert, für Utilitaristen haben moralisch richtige Handlungen moralischen Wert. Diese Alternative besteht jedoch nicht, da sie gar nicht möglich ist. In der Bedeutung, in der Nelson, Kant, Rohs und Utilitaristen, den Begriff „moralischer Wert“ gebrauchen, können per definitionem nur moralisch gute Handlungen moralischen Wert haben. Es liegt kein Widerspruch in der Auffassung, daß die Richtigkeit einer Handlung abhängig von möglichen Nutzenverteilungen und der moralische Wert einer Handlung unabhängig von möglichen Nutzenverteilungen ist. Eine nicht-utilitaristische These wäre die Auffassung, daß die Richtigkeit einer Handlung unabhängig von möglichen Nutzenverteilungen ist, nicht jedoch, wie Rohs behauptet, die Auffassung, daß der moralische Wert einer Handlung davon unabhängig ist.
Eine ganz andere Frage ist, welche Bedeutung man moralisch guten Handlungen im Vergleich zu moralisch richtigen Handlungen beimißt.27 Hinsichtlich dieser Frage besteht aber kein grundzsätzlicher Gegensatz zwischen Kantianern und Utilitaristen. Es mag sein, daß für Kant moralisch gute Handlungen große Bedeutung haben, aber dies ist kontingent und kein Charakteristikum seiner ethischen Theorie.28

Kants Gesinnungsethik?

Kants Ethik wird oft – wie beispielsweise in Harald Köhls Buch – als Gesinnungsethik bezeichnet und einer Verantwortungs- oder Erfolgsethik gegenübergestellt. Häufig wird diese Unterscheidung auch mit derjenigen zwischen deontologischer und konsequentialistischer Ethik gleichgesetzt. In diesem Abschnitt wird zwischen verschiedenen möglichen Bedeutungen von Gesinnungsethik unterschieden und gezeigt, daß es, abgesehen von Gesinnungsethik in einem eher trivialen Sinn, keine Gesinnungsethik geben kann und Kant auch keine vertreten hat.

(a) Oben wurde schon erwähnt, daß man unter Gesinnungsethik die Position verstehen kann, daß die Moralität einer Handlung nur von ihrer Gesinnung abhängt. In diesem Sinn spricht Nelson von Gesinnungsethik:

Die Moralität einer Handlung hängt von der Gesinnung des Handelnden ab, d. h. davon, ob sein Wille auf das gerichtet ist, was er als seine Pflicht erkannt hat. Dies ist das Prinzip der Gesinnungsethik. Es folgt unmittelbar aus dem Begriff der Pflicht. (VIII, 453)

So verstanden ist jede Ethik, in der es Pflichten, d. h. bedingungslos gebotene Handlungen gibt, eine Gesinnungsethik, da in jeder Pflichtethik jemand das, was Pflicht ist, tun kann, weil es Pflicht ist. In dieser Bedeutung läßt sich mit Hilfe des Begriffs der Gesinnungsethik nicht zwischen deontologischen und konsequentialistischen Ethiken unterscheiden, da auch der Konsequentialismus eine Gesinnungsethik in diesem Sinn ist. Eher könnte man damit zwischen Deontologie und Konsequentialismus auf der einen Seite und Tugendethik auf der anderen Seite unterscheiden. Kants Ethik ist also, trivialerweise, eine Gesinnungsethik in diesem Sinn, unterscheidet sich darin aber nicht vom Konsequentialismus.

(b) Unter Gesinnungsethik könnte man auch die Auffassung verstehen, man solle stets aus Pflichtbewußtsein handeln, d. h. man solle nicht nur seine Pflicht erfüllen, sondern sie auch aus Pflichtbewußtsein erfüllen. Gegen diese Auffassung wurde eingewandt, sie sei unmöglich, da sie zu einem unendlichen Regreß von Pflichten führe.29 Selbst wenn sie möglich wäre, könnte man einwenden, daß sie extrem moralistisch ist und daher nichts für sie spricht. Die beiden Einwände können an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Ich möchte auch nicht entscheiden, ob Kant eine Gesinnungsethik in diesem Sinn vertritt, da dies für den vermeintlichen Gegensatz zwischen Gesinnungsethik und Konsequentialismus unerheblich ist: Wenn eine Gesinnungsethik in diesem Sinn möglich ist, d. h. wenn man den Einwand des unendlichen Regresses nicht für einschlägig hält, kann sie, worauf Jonathan Harrison hingewiesen hat, nicht nur von Kantianern, sondern auch von Konsequentialisten vertreten werden:

The utilitarian can say that (roughly) the law upon which it is our duty to act is that we should at all times and at all places, irrespective of our own personal inclinations, seek the greatest good of the greatest number. If the Kantian argues that producing the greatest good cannot be our only duty, for it ignores the fact that we must do our duty with reverence for the law which demands this, the following may be said in reply. One’s only duty cannot be to act out of reverence for the law; there must be some law, other than the law which says that we must act from reverence for the law, in accordance with which it is our duty to act. Given that there must be such a law, there is no reason why a utilitarian should not claim to have given an account of it. The non-hedonistic utilitarian can hold as much as anyone else that we have a duty not just to bring about the greatest good, but to bring this about in the proper spirit, i.e., out of reverence for the law, because our doing so is one good among others. If there is any difficulty with this view, it is the difficulty of reconciling the statement that we ought to try to produce the greatest good with the statement that we ought not just do this, but to do it from a sense of duty. But the difficulties in holding this view have nothing specifically to do with utilitarianism. Whatever account we give of what makes an action a duty, whether it is a utilitarian account or not, we will have difficulty in maintaining that we both have a duty to do something, and a duty to do it from a sense of duty. Either one can reconcile utilitarianism with the view that we ought to act with respect for the moral law, in which case there is no difficulty, or one cannot, in which case, since every moral theory must be faced with the same problem, we cannot have a duty to act with respect for the moral law. (This does not imply that it is not a very good thing when we do act with such respect.) (Harrison 1985, 88f.)

(c) Des weiteren könnte man unter Gesinnungsethik noch die Auffassung verstehen, es komme in der Moral nur auf die Gesinnung der handelnden Personen an. Diese Auffassung ist jedoch unbegreiflich. Jede Gesinnung braucht einen Inhalt. Die moralische Gesinnung besteht darin, die Pflicht erfüllen zu wollen, und diese Gesinnung kann man nur dann haben, wenn es etwas gibt, worin die Pflicht besteht, d. h. wenn es einen Inhalt der Pflicht (z. B. das konsequentialistische Moralprinzip) gibt. Gibt es keinen Inhalt der Pflicht, läuft die moralische Gesinnung ins Leere. Eine moralische Gesinnung ohne Inhalt, d. h. ohne eine Vorstellung dessen, welche Handlungen moralisch geboten oder verboten sind, ist nicht denkbar und könnte nie zu Handlungen führen. Sobald man aber einen Inhalt der Pflicht annehmen muß, kommt es nicht (in erster Linie oder nicht nur) auf die Gesinnung an, sondern darauf (a) diesen Inhalt der Pflicht richtig zu bestimmen (z. B. konsequentialistisch oder deontologisch) und (b), daß gemäß diesem Inhalt gehandelt wird, d. h. daß die Pflicht erfüllt wird (mit oder ohne Pflichtbewußtsein).
Eine Gesinnungsethik in diesem Sinn kann es also nicht geben und wird auch von Kant nicht vertreten. Letzteres folgt schon allein aus der Tatsache, daß es Kant möglich ist, zwischen pflichtbewußten und pflichtgemäßen Handlungen bzw. zwischen der Moralität und Legalität von Handlungen zu unterscheiden. Von pflichtgemäßen Handlungen (die ohne Pflichtbewußtsein ausgeführt werden können) läßt sich nur sprechen, wenn es einen von der Gesinnung unabhängigen Inhalt der Pflicht gibt.

(d) Der übliche Gegensatz zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik ist unverständlich. Konsequentialisten (die gemeinhin zum verantwortungsethischen Lager gerechnet werden), die die gemäß dem konsequentialistischen Moralprinzip gebotene Handlung deshalb ausführen, weil sie geboten ist (d. h. Pflicht ist), handeln moralisch gut bzw. mit moralischer Gesinnung. Sie unterscheiden sich hierin nicht von Deontologen, die Handlungen ausführen, weil sie gemäß deontologischen Prinzipien geboten sind. Beide haben die gleiche Gesinnung: Sie handeln aus Pflichtbewußtsein. Der Unterschied zwischen ihnen besteht allein im Inhalt der Moralprinzipien; dieser hat aber nichts mit moralischer Gesinnung zu tun. Wenn (um ein abgedroschenes und vereinfachtes Beispiel zu nehmen) ein Deontologe sich weigert, einen Unschuldigen zu bestrafen, um größeren Schaden zu vermeiden, und ein Konsequentialist den Unschuldigen bestraft, wird der Sachverhalt falsch beschrieben, wenn man sagt, der Deontologe handelt gemäß seiner Gesinnung, der Konsequentialist nicht, oder, der Deontologe hält an seiner Gesinnung fest, der Konsequentialist gibt sie aus Rücksicht auf die Konsequenzen auf. Der Unterschied zwischen beiden liegt nicht in der Gesinnung, sondern in dem, was sie für moralisch richtig halten. Der Deontologe hält es für moralisch richtig, den Unschuldigen nicht zu bestrafen, der Konsequentialist hält es für moralisch richtig, den Unschuldigen zu bestrafen. Mit unterschiedlicher Gesinnung hat dies nichts zu tun.

(e) Die Auffassung, die am ehesten dem entspricht, was mit Gesinnungsethik gemeint sein könnte, wird heute als Absolutismus bezeichnet und ist die Auffassung, daß es moralische Regeln oder Prinzipien gibt, die ausnahmslos gelten, d. h. unabhängig davon, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn man sich an sie hält. Diese Auffassung wird nur von wenigen vertreten. Leider wird sie im deutschen Sprachraum oft mit deontologischer Ethik gleichgesetzt, obwohl sie allenfalls eine extreme Variante deontologischer Ethik ist. Wenn man die moralische Relevanz der Konsequenzen für die Richtigkeit von Handlungen als Unterscheidungskriterium zwischen Ethiktypen heranzieht, unterscheidet man zwischen konsequentialistischen Theorien, in denen die Richtigkeit einer Handlung nur von ihren Konsequenzen abhängt, deontologischen Theorien, in denen die Richtigkeit nicht nur von den Konsequenzen abhängt und absolutistischen Theorien, in denen die Richtigkeit nicht von den Konsequenzen abhängt. Diese drei Theorien unterscheiden sich hinsichtlich ihres Kriteriums der Richtigkeit von Handlungen. Eine Unterscheidung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik läßt sich daraus (aufgrund des in (d) Gesagten) nicht ableiten.

Man kann also entweder in dem in (a) erläuterten trivialen Sinn von Gesinnungsethik sprechen. Hierzu gibt es aber keine Gegenposition in Form einer Verantwortungsethik. Möglicherweise fällt die Tugendethik nicht unter eine so verstandene Gesinnungsethik, was aber nur dann der Fall wäre, wenn in der Tugendethik der Begriff der moralischen Gesinnung im Sinn einer Handlung aus Pflichtbewußtsein nicht anwendbar wäre. Oder man versteht Gesinnungsethik im Sinn von (b) oder (c), was aber beides unhaltbare Positionen sind. Der Begriff der Gesinnungsethik ist also ein nutzloser Begriff, der sich nicht zur Unterscheidung zwischen kantianischer und konsequentialistischer Ethik eignet, nur Verwirrung erzeugt (und auf ihr beruht) und daher besser aufgegeben werden sollte.

Anmerkungen

1 Für Kritik und Verbesserungsvorschläge danke ich Holger Baumann und Thomas Schmidt.

2 Ein Kriterium der Richtigkeit von Handlungen bezeichne ich im folgenden auch als Moralkriterium. Es besteht in monistischen ethischen Theorien aus einem einzigen Moralprinzip und in pluralistischen Theorien aus der Gesamtheit der Moralprinzipien bzw. moralischen Regeln.

3 Handlungen lassen sich dagegen nicht hinsichtlich ihrer Konsequenzen moralisch beurteilen. Allein die Kenntnis der Handlungskonsequenzen liefert – für sich genommen – noch keine Antwort darauf, wie eine Handlung moralisch zu beurteilen ist. Kennt man nur die Konsequenzen einer Handlung, weiß man weder, ob die Handlung aus Pflichtbewußstein ausgeführt worden ist, noch ob sie pflichtgemäß ist. Nur wenn man schon ein bestimmtes (z. B. konsequentialistisches) Kriterium der Richtigkeit von Handlungen voraussetzt, ergibt sich aus der Beurteilung der Handlungskonsequenzen auch die moralische Beurteilung der Handlung hinsichtlich ihrer Pflichtgemäßheit. In diesem Fall fällt die moralische Beurteilung der Handlung aber unter (2). Dieser Punkt mag trivial erscheinen, wird aber nicht immer beachtet; vgl. das Zitat von Harald Köhl auf S. 18.

4 Vgl. IV, 169–71, 205f., 217–35, V, 62f., VIII, 143f. (Die römischen Zahlen beziehen sich auf die Gesammelten Schriften Nelsons.)

5 „Ohne aber das Sittengesetz in zwei unabhängige Grundgesetze zu zerlegen, können wir doch durch eine Ab­straktion an ihm zwei Momente unterscheiden: die Form des Sittengesetzes und seinen Inhalt. Die Form des Sittengesetzes ist das, was es zu einem Sittengesetze macht, während sein Inhalt das ist, was es von uns for­dert. Es ist uns erstens etwas geboten, wobei wir von dem Inhalt dessen, was geboten ist, abstrahieren können. Es ist uns zweitens etwas geboten [...].
Diese Abstraktion führt uns zum Verständnis des Auseinandertretens von moralischer und rechtlicher Wertung. Als Gebot bezieht sich das Sittengesetz auf den Willen des einzelnen, und durch seinen Inhalt gibt es dem Willen einen Gegenstand. Wir haben daher auf der einen Seite das Verhältnis des Willens der Person, für die etwas Pflicht ist, zur Pflicht und auf der anderen Seite das Verhältnis der Tat, die für die Person Pflicht ist, zur Pflicht. Es entsteht also erstens die Frage, ob die Tat aus dem Willen, die Pflicht zu erfüllen, getan wird, d. h. ob das Rechte gewollt wird, wobei gleichgültig ist, ob das, was gewollt wird, recht ist. Und es ent­steht zweitens die Frage, ob die Tat der Pflicht gemäß ist, d. h. ob, was gewollt wird, recht ist, wobei gleichgültig ist, ob es als das Rechte gewollt wird. Das eine ist möglich ohne das andere. Es kann jemand etwas als das Rechte wollen, was doch nicht das Rechte ist; es kann andererseits jemand das, was recht ist, wollen, ohne es als das Rechte zu wollen und ohne vielleicht auch nur zu wissen, daß es das Rechte ist. Das erste führt uns auf die Wertung der Gesinnung oder die moralische Wertung, das zweite auf die Wertung der Tat oder die rechtliche Wertung.“ (VIII, 143f.)

„Die Frage, ob das, was der Handelnde tut, das Rechte ist, betrifft den rechtlichen Wert der Handlung. Die Notwendigkeit dieser rechtlichen Wertung ergibt sich also unmittelbar aus dem Umstand, daß das Sittenge­setz einen Inhalt hat. Welches dieser Inhalt ist, bleibt dafür gleichgültig. Aus einem Gesetz, das nur überhaupt einen Inhalt hat, folgt notwendig eine Wertung der Handlung danach, ob sie diesem Inhalt gemäß ist oder nicht; denn was durch das Gesetz geboten ist, ist eine Tat und nicht eine Gesinnung.“ (IV, 224)

6 Aus Platzmangel kann ich die Begründung für diese Verwendungsweise hier nur andeuten. Sie geht aus von folgenden drei unbestrittenen Annahmen, mit denen jede Definition von „moralisch richtig“ vereinbar sein muß: (1) falsch = nicht richtig; (2) falsch = verboten = nicht erlaubt; (3) Jede Handlung ist entweder richtig oder falsch. Die Definition „moralisch richtig = geboten“ ist nicht mit allen drei Annahmen vereinbar, da aus ihr (in Verbindung mit diesen Annahmen) die falschen Sätze folgen: (i) falsch = nicht geboten und (ii) Jede Handlung ist entweder geboten oder verboten. – Die Definition „moralisch richtig = erlaubt“ ist mit allen drei Annahmen vereinbar. Jedoch folgt aus ihr: Jede Handlung ist erlaubt oder verboten. Dies ist zwar nicht falsch, entspricht aber nicht genau der Bedeutung von Annahme 3. Außerdem erlaubt diese Definition nicht die Ab­bildung der Begriffe „verboten“/„erlaubt“ /„geboten“ auf die Begriffe „richtig“/“falsch“: „falsch = verboten“, „richtig = erlaubt“, „geboten = ?“. – Die Definition „moralisch richtig = erlaubt oder geboten“ ist am besten mit allen drei Annahmen vereinbar und bildet die Begriffe der einen Familie auf die der anderen ab: „falsch = verboten“, „richtig = erlaubt oder geboten“. – Vgl. hierzu auch Bond (1996, 166–69), der allerdings im Gegensatz zu mir „richtig“ als „erlaubt“ definiert. Bond weist auch darauf hin, daß zwar „richtige Handlung“ nicht mit „gebotene Handlung“ gleichzusetzen ist, daß aber mit dem Ausdruck „die richtige Handlung“ eine gebotene Handlung gemeint ist (vgl. S. 167–69). Man spricht von der richtigen Handlung, wenn man alle anderen Handlungen für falsch, also für verboten hält. Sind alle anderen Handlungen verboten, ist die richtige Handlung geboten.

7 Ich führe hier nicht alle denkbaren Fälle auf, sondern nur diejenigen, die für diesen Aufsatz relevant sind.

8 Ich lasse die Frage offen, ob generell gilt, daß die Richtigkeit einer Handlung unabhängig vom Motiv der Handlung ist und vertrete hier nur die speziellere These, daß die Richtigkeit einer Handlung unabhängig von einem bestimmten Motiv, nämlich dem Pflichtbewußtsein, ist.

9 Hierbei wird vorausgesetzt, daß man nach bestem Wissen und Gewissen handelt, sich also ernsthaft darum bemüht, herauszufinden, ob die Handlung tatsächlich Pflicht ist.

10 Man könnte auch eine Handlung moralisch schlecht nennen, die man zwar für seine Pflicht hält, aber nicht deshalb ausführt, sondern aus einem schlechten (eigennützigen) Motiv. Ob man solche Handlungen als moralisch schlecht bezeichnen sollte oder nicht, kann hier offen bleiben.

11 Die Handlungen in den Fällen (c1) und (c2) sind nicht moralisch gut, woraus aber natürlich nicht folgt, daß sie moralisch schlecht sind.

12 Dennoch ist dieser Sprachgebrauch in der Ethik keinesfalls ungewöhnlich und es lassen sich zahlreiche Autoren anführen, die moralisch gute und moralisch richtige Handlungen auf die gleiche Weise unterscheiden wie ich. Vgl. z. B. Anzenbacher (1992, 72f., 115f.), Broad (1985, 189–92), Larmore (1987, 3), Ross (1930, 2–7), Snare (1992, 32f.), Wimmer (1994, 169). Ross schreibt beispielsweise:

"And it may be added that the doing of a right act may be a morally bad action, and that the doing of a wrong act may be a morally good action; for ‘right’ and ‘wrong’ refer entirely to the thing done, ‘morally good’ and ‘morally bad’ entirely to the motive from which it is done." (1930, 7)

13 Ich werde die Begriffe „moralisch gute Handlung“ und „moralische Handlung“ sowie „moralisch schlechte Handlung“ und „unmoralische Handlung“ gelegentlich (vor allem in dem Abschnitt zu Nelson) synonym verwenden. Daran anknüpfend werde ich, wenn es um die moralische Wertung geht, von der Moralität einer Handlung sprechen (analog zur Richtigkeit bei der rechtlichen Wertung).

14 Man beachte, daß ich hier von Gesinnungsethik in einem speziellen und unüblichen Sinn spreche. Es soll damit nur auf eine mögliche Interpretation von Gesinnungsethik hingewiesen werden ­ eine Interpretation, die in der Einleitung als eher trivial bezeichnet worden ist, da sogar der Konsequentialismus eine Gesinnungsethik in diesem Sinn ist. Eine genauere Erörterung der Gesinnungsethik erfolgt im letzten Abschnitt des Aufsatzes, wo neben dieser Interpretation noch andere mögliche Interpretationen von Gesinnungsethik untersucht werden.

15 Beim einfachen Handlungskonsequentialismus gibt es nur gebotene und verbotene Handlungen. (Erlaubte Handlungen gibt es nur insofern als jede gebotene Handlung auch erlaubt ist.)

16 Vgl. Harsanyi (1977, 56) und Rawls (1967, 174).

17 Vgl. Alexy (1979), Birnbacher (1998, 18), Franke (1991, 49) und Ross (1964, 125).

18 Das neueste Beispiel hierfür ist Konrad Ott (2001, 78). Er schreibt über Kants Ethik: „Deontologisch ist sie, da sie zu kategorischen Pflichten führt.“ Kategorische Imperative sind jedoch kein spezifisches Charakteristikum deontologischer Ethiken, sondern können auch Bestandteil konsequentialistischer Theorien sein. Vgl. hierzu Jonathan Harrison:

The end which utilitarians tell us we ought to seek is not one towards which any strong passions impel us; many in fact conflict with it. Hence there is ample opportunity for seeking it from duty, not from inclination. Nor is the utilitarian imperative a hypothetical one. We are simply told to seek the general good, not to seek the general good to produce some further end of our own. It is a mistake to suppose that every principle whose formulation mentions an end is recommending some action as a means to this end. In ‘Do A to produce happiness’ doing A is enjoined as a means to happiness. In ‘Seek happiness’, seeking happiness is simply enjoined. (Harrison 1970, 33)

Vgl. auch Harrison (1985, 81, 87–94).

19 Aus diesem Argument folgt natürlich nicht die Vereinbarkeit des Konsequentialismus mit Nelsons Begriff der Pflicht. Es könnte sein, daß sie unvereinbar sind und deshalb das Ergebnis von Nelsons Erörterung des Pflichtbegriffs nicht richtig sein kann.

20 Vgl. hierzu Kutschera (1999, 86–91).

21 Mit dieser Unterscheidung kann man z. B. R. M. Hares Versuch, aus den Eigenschaften der Sprache der Moral einen Präferenzutilitarismus abzuleiten, als den Versuch beschreiben, aus dem Begriff der Pflicht ein Kriterium der Pflicht abzuleiten. (Zu den Eigenschaften der Sprache der Moral gehört nach Hare, daß Moralurteile universalisierbar, präskriptiv und unterordnend (overriding) sind.)

22 Ich möchte betonen, daß ich an keiner Stelle dieses Aufsatzes behaupten möchte, daß Kant (oder Nelson) Konsequentialist war oder konsequentialistisch zu interpretieren ist. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß bestimmte Argumente, die zeigen sollen, daß er kein Konsequentialist war, nicht schlüssig sind.

23 Diese Behauptungen widersprechen meiner zu Beginn des Aufsatzes aufgestellten Behauptung, daß sich Handlungen hinsichtlich der Absicht (speziell auf die Übereinstimmung mit dem Pflichtbewußtsein) und hinsichtlich der Übereinstimmung mit dem Moralkriterium beurteilen lassen, jedoch nicht allein hinsichtlich der Handlungskonsequenzen. Die Handlungskonsequenzen sind (in nahezu allen ethischen Theorien) relevant für die moralische Beurteilung von Handlungen, in welcher Weise sie jedoch in die moralische Beurteilung von Handlungen eingehen, wird erst durch ein Moralkriterium festgelegt. Dieses legt fest, ob, wie im Konse­quentialismus, nur die Konsequenzen moralisch relevant sind oder ob, wie in deontologischen Ethiken, neben den Konsequenzen noch andere Eigenschaften von Handlungen moralisch relevant sind. Daher lassen sich Handlungen nicht allein anhand der Kenntnis der Konsequenzen moralisch beurteilen, sondern erst anhand des Moralkriteriums, das die Rolle der Konsequenzen für die moralische Beurteilung festlegt. Köhls Behaup­tungen können nicht in dem schwachen Sinn gemeint sein, daß die Absicht oder die Konsequenzen nur moralisch relevant sind, da sich in diesem schwachen Sinn nicht Köhls Alternative zwischen Gesinnungs- und Folgenethik aufstellen läßt. Moralisch relevant sind die Konsequenzen nicht nur im Konsequentialismus (bzw. Utilitarismus), sondern auch in deontologischen Ethiken. Köhls Behauptungen müssen daher so ver­standen werden, daß in einer Gesinnungsethik nur die Gesinnung moralisch relevant ist und in einer Folgenethik nur die Konsequenzen moralisch relevant sind.

24 Die andere Möglichkeit, daß sich die moralische Relevanz der Konsequenzen auf die Moralität bezieht, kann als unplausibel außer acht gelassen werden.

25 Diese und die folgenden Seitenzahlen beziehen sich auf die Akademieausgabe.

26 Die schwierigen Fragen, ob eine Handlung nach Kant nur dann moralischen Wert hat, wenn sie auch pflichtgemäß (also moralisch gut im Sinn von MG2) ist sowie wenn das Pflichtbewußtsein der alleinige Bestimmungsgrund der Handlung ist, sind für die Argumentation im Text nicht von Belang.

27 Ich lasse bewußt offen, was hier unter „Bedeutung“ zu verstehen ist, da ich auf diese Frage nicht näher eingehen will. Man darf jedenfalls „Bedeutung“ nicht im Sinn von „moralischer Wert“ verstehen.

28 Vgl. Nelson zur Bedeutung der moralischen Handlung: „Unsere moralische Schätzung eines Menschen richtet sich überhaupt nicht danach, wie oft er moralisch handelt. Gerade die am höchsten stehenden Menschen sind vielleicht unter denjenigen zu suchen, die am seltensten moralisch handeln. Weil ihre Neigung sie nur selten mit der Pflicht in Konflikt bringt, kommen sie im allgemeinen gar nicht erst in die Gelegenheit, moralisch handeln zu müssen.“ (IV, 102)

29 Vgl. Nelson (IV, 219, VI, 59f.) und Ross (1930, 5f.). Gegen Ross argumentiert Johnson (1959, 113–18).

Literaturverzeichnis

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